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… MIT NEM BIER UND NEM KÜNSTLER

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gestern hab ich mir die doku „KUNST LIEBEN, KUNST HASSEN … IN GALERIEN“ auf arte angesehen.

die journalistin nicole zepter klappert darin ein paar einschlägige galerien aufm letzten gallery weekend ab und versucht der frage auf den grund zu gehen, inwiefern die zunehmende ausrichtung auf das geld die kunst beeinflusst.

weil ich mich nach auslesen ihres buches „kunst hassen“ [affiliate link] nicht mehr aufraffen konnte, was drüber zu schreiben, hier mal ein paar notizen, die ich mir beim ansehen ihrer sendung gemacht hab:

zepter trifft den galeristen harry lybke. ich hab ja einen bekannten, der meint, das sei der letzte, bei dem er ausstellen würde. seit diesem interview kann ich das verstehen.

danach spricht sie mit dem künstler björn dahlem. dahlem sagt, es ginge ihm beim kunstmachen in erster linie darum, gute kunst zu machen, nicht um erfolg, woraufhin zepter ihm widerspricht: “aber sie müssen doch überleben”. das bejaht er und fügt mit einer mischung aus scham und stolz hinzu, dass er mittlerweile von seiner arbeit leben könne.

daraufhin fragt zepter, wie er es denn fände, wenn der kunstmarkt “implodiere” (was immer sie damit meint) und dahlem antwortet: “vielleicht würd’ ich dann was ganz anderes machen, vielleicht würde ich dann ‘n zufriedener biobauer werden.”

zepter lacht und im voice-over kommentiert sie das so:

“biobauer wenn die kunst sich nicht mehr verkauft? ist das die alternative? ich dachte immer, künstlern ginge es um haltung, um einfluss, egal ob es sich rechnet… – nächster versuch.”

hä? seit wann ist das bestreben eines künstlers, mit seiner arbeit geld zu verdienen, gleichbedeutend mit der aufgabe von “haltung” und “einfluss”?

ausserdem hält zepter es offenbar nicht für nötig, dahlem ihre vernichtende beurteilung seiner aussage direkt zu sagen. sie erzählt es nur dem zuschauer.

ich würde sowas ja als “jemanden in die pfanne hauen” bezeichnen.

danach kommt ein interview mit nicole hackert von CFA die mal wieder mit systemkritik kokettiert obwohl sie ja gewissermassen selbst das system ist.

hackert beklagt sich allen ernstes darüber, dass einer ihrer künstler “nach nur einer einzelausstellung” zum superstar wurde. da ist mir harry lybke dann doch lieber, der den fragen entweder ausweicht oder werbung für sich selbst macht.

am ende finde ich ihre betroffenheit aber garnicht mehr so unglaubwürdig.

wo sie allerdings wieder furchtbar abkackt ist beim gespäch über eine konkrete arbeit. da wird sie plötzlich auffallend einsilbig, fast arrogant.
mein gott leute, könnt ihr alle mal entspannen?

als nächstes konrad fischer. an dieser stelle verlier ich irgendwie den faden: worum ging es nochmal? was will die zepter eigentlich sagen? hier wird jetzt eine galerie als alteingesessen präsentiert, weswegen aktuell gezeigte postionen es dort besser hätten. häh?
3 bilder wären schon vor der eröffnung schon verkauft gewesen – ja und?

dann trifft zepter einen gewissen michael neff. zepter sagt, er sein der netzwerker des kunstbetriebs. “10 jahre berater des gallery weekends”. da kann man mal wieder sehen, wie schlecht ich auf dem laufenden bin: ich hab den namen noch nie gehört. im art-magazin finde ich genaueres: bis letztes jahr war er beim gallery weekend “leiter der VIP-relations”. na dann kann er sicher super viel interessantes erzählen über die frage, was das geld mit der kunst macht. er sagt:

Das tolle an dem gallery weekend ist, dass unsere Gäste generell tagsüber mit ner Jeans und mit ’ner Sandalette und ’nem Fahrer durch die Stadt fahren können, sich Galerien angucken, und am gleichen Abend mit Abendkleid und Smoking auf nem wahnsinnigen Dinner sein können und zum Schluss aber wieder in der Kneipe abstürzen bis 5 Uhr morgens mit nem Bier und mit nem Künstler, den sie schon immer treffen wollten.

(ab minute 15.50)

die ersten (und auch einzigen) figuren, die in dieser doku sympatisch und ehrlich rüber kommen, sind die galeristinnen sommer & kohl und alex duve.

mir hatte die malerei bei sommer & kohl auf dem gallery weekend übrigens ganz gut gefallen und ich wundere mich, dass zepter sie aus dem off dann drauf reduziert, dass sie aussieht wie von kirkeby.

auch hier offenbart sie ihre kritik nicht direkt sondern erzählt sie wieder nur als off-sprecherin dem zuschauer.

ich finde das schade, vielleicht hätten sich daraus interessantere diskussionen ergeben hätten als jene, die die doch eher blutleere sendung bis jetzt liefert? stattdessen druckst zepter genauso herum wie die, die sie in ihrem buch doch dafür kritisiert hat, dass sie den mund nicht aufkriegen.

übrigens vermisse ich bei mehreren einblendungen von kunst die namen der künstler. so werden die bilder des per kirkeby-lookalike-malers bei sommer & kohl (andreas eriksson heisst er) zwar besprochen und eingeblendet aber sein name wird nicht genannt. das finde ich problematisch. es gibt jede menge kunstsendungen wo das so gemacht wird, oft auch auf arte, wo bekannte namen genannt werden, weniger bekannte nicht. hier haben wir also jetzt “irgendeinen künstler”, der wie kirkeby malt – wäre ich dieser künstler: ich würde kotzen.

ausserdem frage ich mich, was eigentlich dieser fokus auf die galeristen soll? zumal sie offensichtlich eh alle mehr oder weniger dasselbe sagen. wieso wurden nicht viel mehr künstler angesprochen, die beim gallery weekend doch zuhauf herumlaufen?

stattdessen gibt es eine abfolge von kurzen besucherstatements zu der frage, warum man sich für kunst interessiere – mit dem vielsagenden ergebnis das die frage niemand beantworten kann.

was lernen wir? kunstpeople sind so doof, die wissen nichtmal warum sie sich für kunst interessieren.

dass die frage ähnlich unbeantwortbar ist wie “warum mögen sie sex?” das fällt den doofen arte-zuschauern sicher nicht auf.

mich erinnert diese o-ton sequenz jedenfalls an TV-total strasseninterviews, die ja auch gemacht werden, um zu zeigen, wie blöd leute sind.

nur ist die tatsache, dass in der kunstszene besonders viele trottel rumlaufen, weder neu noch ist sie relevant – weil es in dieser sendung doch eigentlich um eine ganz andere frage gehen sollte.

aber vielleicht hab ich die auch nur komplett falsch verstanden. da bin ich mir inzwischen nicht mehr sicher.

um welches geheime anliegen es der zepter eigentlich zu gehen scheint wird im letzten gespräch deutlich, mit dem galeristen alex duve, als zepter plötzlich einen kieselstein (der name des künstlers wird auch nicht genannt) auf einem sockel entdeckt.

auf ihr bitten erklärt duve ihr den stein während sie zwar nickt, aber sonst alles andere als zuzuhören scheint. sie ist damit beschäftigt, sich ein grinsen zu verkneifen und als duve in einem nebensatz etwas erwähnt, was er „ganz lustig“ fände, fällt sie ihm ins wort:
„…ich find’s übrigens auch lustig aber ich glaub’ aus anderen gründen.“

während duve sich nicht beirren lässt und weiter sichtlich begeistert über den kieselstein erzählt, legt zepter nochmal nach: „darf ich drüber lachen?“

und duve antwortet freundlich: „natürlich. das ist ja so’n kunstverständnis, das jeder für sich selber irgendwie haben muss.“

damit bringt der galerist etwas auf den punkt, was schon die ganze sendung über im raum zu stehen scheint aber nicht ausgesprochen wird – den klassiker des kunstmissverständnisses nämlich:
„das kann ich auch“.
statt ernstgemeinte fragen zu stellen, zuzuhören, und sich unvoreingenommen auf etwas einzulassen scheint zepter alles schon zu wissen. ein blick und “haha, wie doof ist das denn?!”

die kunst hat viele problemgebiete, eines davon ist das geld und ich glaube sogar, alex duve hätte einiges dazu sagen können, nur leider wird er in dieser sendung dazu nicht befragt.

stattdessen wird der kieselstein noch mehrfach vielsagend eingeblendet (weiterhin ohne namensnennung des künstlers), gewissermassen als kommentarloser „stein des anstosses“ und ich fange langsam an, mich echt aufzuregen.

so problematisch der kunstmarkt ist, in dieser doku aber schneiden die galeristen nicht wesentlich schlechter ab als die moderatorin selbst. das einzige was mir einfällt, was man diesen galeristen vielleicht vorwerfen könnte, wäre die fremdscham, die man erleidet, wenn sie arbeiten erklären. bei einigen klingt das so, als hätten sie die handouts vor dem interview ein paarmal laut gelesen um sie später „mit eigenen worten“ zusammen zu fassen. das könnten sie noch üben.

tl;dr: “kunst lieben, kunst hassen” heisst diese sendung – liebe kann ich darin keine entdecken.


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